Anfrage eines Lesers:
Eindeutig ist in diesem Jahr nachgewiesen worden, dass die
sicherlich erste Salzgewinnung vor 3200 Jahren im Raum von Halle
erfolgte.
Sie schreiben dieses auch in " Ihrem Streifzug " und nennen die
Solequelle Wittekind.
Hat man damit einen geologischen Nachweis führen können?
Meine Antwort:
Meines Wissens liegen keine neuen geologischen Gutachten vor, die
eine Salzgewinnung um das Jahr
1200 v.u.Z. ganz sicher nachweisen.
Jedoch erwähnt schon
Hans-Joachim Mrusek im Jahre 1960 in seinem
Buch "Halle/ Saale" (VEB E.A. Seemann Verlag Leipzig, S. 17 f.),
dass im Bereich
Giebichenstein Siedlungsspuren nachzuweisen waren
und archäologische Funde eine Salzgewinnung in diesem Raum
bestätigen. Er schreibt:
"Erst für die jüngere Bronzezeit etwa um
1200 v.u.Z. machen zahlreiche Bodenfunde einen neuen kräftigen
Siedlungsimpuls wahrscheinlich, dessen Stoß aus der
südosteuropäischen Richtung kam. Mit den Bewohnern, die sich für
Jahrhunderte auf den Höhen um Giebichenstein festsetzten, begann
offensichtlich die Salzgewinnung im Tal (Wittekind). Diese
verstärkten sich in der frühen Eisenzeit, wie zentnerweise gefundene
Tonstützen, die nach neuerer Deutung zum Trocknen des Salzes benutzt
wurden, belegen."
Dementsprechend verwirrt war ich auch in diesem Jahr, als diese
"neue Erkenntnis" als Sensation gefeiert wurde. Tatsache jedoch ist,
dass bei den Bauarbeiten zur Mediathek für die Kunsthochschule Burg
Giebichenstein auf dem Gelände des alten
Klosters Neuwerk Zeugnisse
frühzeitlicher
Salzsiederei und offenbar auch eine ganze Anzahl
Solequellen gefunden wurden. Inwieweit die Funde bisher ausgewertet
wurden, kann ich leider zur Stunde nicht sagen. Meines Wissens haben
noch keine Veröffentlichungen stattgefunden, bis auf die
Sensationsmeldung in der
MZ
vom 16.07.2013.
Aus meiner Sicht macht aber auch die weitere historische Entwicklung
die frühe Salzgewinnung um
Wittekind (also im Bereich
Giebichenstein) wahrscheinlich, denn mit Gründung des Erzbistums
Magdeburg im Jahre
968 wurde der administrative Schwerpunkt des
Erzbistums für das Gebiet um Halle vorrangig auf den Raum
Giebichenstein gelegt. Dies ist meines Erachtens unter anderem auf
günstige wirtschaftliche Bedingungen zurückzuführen, die
möglicherweise sogar den Bau der heute als "Alte Burg" bezeichneten
Anlage der
Burg Giebichenstein begründet haben. Zu diesen günstigen
wirtschaftlichen Bedingungen kann die Salzproduktion und der
Salzhandel gehört haben, auch wenn sich später der Produktions- und
Handelsschwerpunkt nach Halle verlagert hat. Vielleicht waren die
Solebrunnen auf dem Hallmarkt leichter auszubeuten oder produktiver?
Ob damals allerdings schon die Solquelle, die wir heute Wittekind
nennen, erschlossen war oder die Salzgewinnung nur in dieser Gegend
stattfand, kann ich natürlich nicht mit Sicherheit belegen. Wie die
Meldung aus der MZ beschreibt, sind ja nun wohl noch mehrere Quellen
entdeckt worden, die in der Hochzeit der Salzgewinnung keine oder
nur untergeordnete Bedeutung hatten und in historischen Abhandlungen
nicht erwähnt werden.
Ich bin mit der Salzgewinnung (noch) nicht genügend vertraut, um
Gründe für die Aufgabe einer Solquelle darlegen zu können.
Vielleicht sind Gesteinsschichten ausgewaschen worden, die den
Salzgeschmack beeinträchtigt haben oder die Sole war nicht mehr
salzhaltig genug, um eine weitere Bewirtschaftung sinnvoll
erscheinen zu lassen. Vielleicht haben aber auch Naturereignisse
(z.B. Überflutung der Quelle) zur Aufgabe eines Brunnens geführt. -
Angesichts der Tatsache, dass Kenntnisse in der damaligen Zeit
hauptsächlich mündlich weitergegeben wurden, mag es sein, dass
binnen kurzer Zeit eine solche aufgegebene Produktionsstätte in
Vergessenheit geraten ist, noch dazu, wenn sie keine besondere Rolle
für die Landesfürsten gespielt hat.