Vertrag derer gefangenen Pfänner zu Halle mit Ertzbischoff Ernsten zu Magdeburg, wodurch dem Ertzbischoffe der vierte Theil der Pfannen und Kothe abgetreten worden.
Erzbischof Ernst, Sohn des
Kurfürsten Ernst zu Sachsen,
wurde
1476 im zarten Alter von
11 Jahren zum Erzbischof zu Magdeburg ernannt.
Schon bei der Huldigung der
Stadt Halle an den neuen
Erzbischof am
04. November 1476 ergab sich ein Streitpunkt. Bisher war es
üblich gewesen, dass die neuen Landesherren einen Huldbrief an die Stadt
verfassten, in denen zugesichert wurde, die Stadt bei ihren üblichen
Privilegien, Rechten und Gewohnheiten zu belassen. Nach Übergabe des
Huldbriefes entbot die Stadt dem Landesherrn ihren Respekt. Desgleichen war es
Brauch, dass die Erzbischöfe ihren Lehnsmannen die erste Lehnsware (Abgabe an
den Lehnsherrn) erließen. Erzbischof Ernst wollte diesem Brauch nicht folgen, sondern
die Lehnsträger nur bei Erlegung der Lehnsware in ihre Lehen wieder einsetzen.
Zwischen den Pfännern und den Ratsherren jedoch war schon
vor Erzbischof Ernsts Amtsantritt ein Streit ausgebrochen, weil die Ratsmänner
aus den Innungen und Gemeinheiten forderten, dass die 4 Ratsmänner aus der
Pfännerschaft die Beratungen zu verlassen hätten, wenn es um Entscheidungen des
Thals (also eigentlich ihre ureigensten Angelegenheiten) ging. Dieser
Vorschrift wollten sich die Pfänner nicht beugen, mussten jedoch letztlich
klein beigeben, weil sie in der Unterzahl und zu schwach waren, die Sache für
sich zu entscheiden.
Doch auch danach war es höchst unruhig im Rat und die
Bösartigkeiten beider Seiten hörten nicht auf, wobei eher die Pfänner an einer
einvernehmlichen Lösung interessiert waren. Kein Wunder, bei dem
Kräfteverhältnis, dass nicht zuletzt dem Einfluss des ehemaligen
Stadthauptmanns
Henning Strobart (der schon 1456 aus der Stadt getrieben worden
war) zu schulden war.
Im Jahre 1478 wurde dann der Obermeister des
Schusterhandwerks
Jacob Weißack zum Ratsmeister erwählt, der als ein sehr bösartiger
und gehässiger Mann galt. Dieser ruhte denn auch nicht und nutzte jede
Gelegenheit, um den Pfännern das Leben schwer zu machen und sie u.a. beim
Erzbischof anzuschwärzen.
Da hatte der Erzbischof dann Pulver gegen die Stadt in den
Händen und nahm die Gelegenheit wahr und aberkannte der Stadt nicht nur die
Thalgüter (also die Salzpfannen) sondern auch alle anderen Lehen.
Dieser Konflikt konnte nur durch einen Schlichterspruch des
Kurfürsten Ernst zu Sachsen in
Chemnitz am
05. September 1478 beigelegt werden.
Sein Urteil bevorteilte natürlich seinen Sohn, Erzbischof Ernst, dem
umfangreiche Privilegien gegen die Stadt Halle zugestanden wurden und
verpflichtete Stadt und Lehnsmänner zu reichlichen Zahlungen.
Dem Ratsmeister Jacob Weißack war dies noch nicht genügend Salz in die Wunden.
Als die Pfänner sich mit Rat und Bürgerschaft wieder versöhnen und dazu Abgeordnete aus den Städten Magdeburg, Halberstadt und Braunschweig als Schlichter einladen wollten, funkte der Erzbischof dazwischen und erklärte, dass er als Einziger solche Streitfragen zu lösen hätte und keine anderen Abgeordneten akzeptieren wolle.
Die pfännerschaftlichen Ratsmänner gaben das nicht zu,
sondern beriefen eine Versammlung der gesamten Bürgerschaft an Innungen und
Gemeinheit aufs Rathaus. Hier sabotierte Ratsmeister Weißack schon, indem er
dort nicht erschien, sondern sein Gewerk der Schuhmacher bewaffnet zu sich rief
und die Pfänner einen Überfall befürchteten. Nächsten Tags konnten die Herren
aus Magdeburg und Halberstadt die Sache schlichten.
Einige Tage später jedoch, als Erzbischof Ernst wieder auf
Giebichenstein
weilte, fuhr Weißack mit einigen seiner Anhänger aus dem Rat auf Giebichenstein
und sprach mit dem Erzbischof.
Am nächsten Morgen gegen 10 Uhr, als die Messen in der Stadt
beendet waren, kam Weißack mit dem Amthauptmann von Giebichenstein,
Heinrich
von Ammendorf, zum
Ulrichstor gefahren und übergab selbiges an den
Amthauptmann. Der hatte seine Truppen vor der Stadt liegen, die sogleich das
Tor besetzten. Einige Fürsten aus dem Gefolge des Erzbischofs folgten nach und
nahmen den
Kirchhof zu St. Ulrich ein. Diesen Lärm bemerkte der Türmer auf dem
Markt und schlug die Sturmglocke, worauf sich Bürger, Innungen und Pfänner
bewaffnet vor dem Rathaus versammelten, gemeinsam gegen das Ulrichstor liefen
und sich dort ein Handgemenge entspann. Endlich erhob der Graf von Querfurt
(auf des Erzbischofs Seite) seine Stimme und beschwichtigte die Leute, man wäre
nur wegen des Erzbischofs zugegen. Daraufhin legte sich der Kampf. Ein
Todesopfer war zu beklagen: der Innungsmeister, Ratsherr und Kämmerer
Hans
Schiltbach.
Die beruhigenden Worte des Grafen waren indes eine Lüge. Im
Laufe des Tages drangen noch mehr erzbischöfliche Truppen in die Stadt ein.
Am nächsten Tag, dem
21. September 1478 zog der Erzbischof,
von seinem Gefolge und den Ratsmeistern Weißack und
Hedrich begleitet in die
Stadt und das Rathaus ein.
Abgesandte der Pfännerschaft wollten nun dem Erzbischof ihre
Treue versichern, doch der Erzbischof, der die Pfänner für den Angriff auf
seine Truppen am Vortage verantwortlich machte, befahl ihnen Hausarrest an und berief
für den
30. September 1478 einen
Landtag zu Salza ein, auf dem sie sich zu
verantworten hätten. Zusätzlich wurden an diesem 21. September noch viele
Einwohner der Stadt Halle verhaftet, unter ihnen der Schultheiß Hans Poplitz.
Die Ratsherren der Pfännerschaft wurden sämtlich ihres Amtes enthoben.
Auf dem Landtag zu Salza wurden Abgesandte der Pfänner
verhört, desgleichen die im Hausarrest gefangenen Pfänner am
22. Oktober in
Halle. Erzbischof Ernst berief erneut einen Landtag ein, diesmal für den
Neujahrstag 1479 und in
Calbe. Dorthin wurden die gefangenen Pfänner mit ihrem
Anhang (insgesamt über 400 Mann) geführt und der Erzbischof verlangte als
Strafe die Erlegung der Hälfte ihrer Güter. Zähe Verhandlungen führten zu
keiner Übereinkunft, bis die Pfänner auf Anraten flehentlich baten, dass die
Angelegenheit doch vom Bischof zu Meißen und anderen Adligen des Erzstifts
entschieden werden möge. Dieser Bitte entsprach Erzbischof Ernst und lud zu
einer Beratung am
09. Januar 1479 nach Halle ins
Kloster Neuwerk.
Dort entschied dann
Bischof Johann V. von Meißen, dass die
Pfänner ein Viertel ihrer Salzgüter und zusätzlich 20% ihres übrigen Vermögens
als Strafe an Erzbischof Ernst zu zahlen haben. Dann sollten sie wieder in
Gnaden angenommen werden. So lautet der Vertrag.
Jeder Pfänner musste ein Verzeichnis seiner Güter aufstellen,
den Wert des Vermögens (außer den Talgütern) selbst schätzen und die
Aufstellung auf der Burg Giebichenstein abgeben. Der vierte Teil der Salzgüter
wurde eingezogen und den fünften Teil des restlichen Vermögens mussten die
Pfänner in Geldwert erlegen. Erzbischof Ernst behielt sich vor, die Güter selbst
zu behalten und ihren Wert abzüglich des Strafgeldes an die Pfänner
auszuzahlen.
Es mussten auch mehrere Pfänner und einige Bürger der Stadt
ihre Güter verkaufen und mit ihren Familien die Stadt verlassen. Schultheiß und
Salzgraf wurden abgesetzt und alle Schöppen entlassen, die der Pfännerschaft
angehörten.
Später zwang Erzbischof Ernst die Stadt ein für alle Mal
unter seine Botmäßigkeit. Doch das ist schon eine andere Geschichte.