Königlich Preussische Feuer-Ordnung in denen Städten
Wenn auch der Rat der Stadt Halle schon seit Alters her eine
Feuerordnung verfasst hatte und für den Brandfall ziemlich gut ausgerüstet war,
so war dies nicht überall in Preußen gebräuchlich. So sah sich König Friedrich
Wilhelm I. veranlasst, für die Städte des Königreichs Preußen eine allgemein
gültige Feuerordnung zu erlassen. In dieser Verordnung sind
Brandschutzmaßnahmen und Verhaltensregeln zur Verhütung von Bränden enthalten,
ebenso wie das Verhalten bei und nach dem Löschen von Bränden reglementiert wird.
Zu den Brandschutzmaßnahmen gehörten die Ausrüstung der
Rathäuser mit ledernen Feuereimern, Leitern, Handspritzen Hacken und
ausreichend Wasser. Außerdem hatte es in jedem Stadtviertel ein Haus zu geben,
in dem solche Mittel bereitgehalten werden sollten. Jeder Einwohner hatte
darauf zu achten, dass in seinem Haus die vorgeschriebenen
Brandbekämpfungsmittel vorhanden und in gutem Zustand sind.
Darüber hinaus wurde verfügt, dass dazu ernannte Personen
einmal im Vierteljahr, jeweils 8 Tage vor Ostern, vor Johannis (24. Juni), vor
Michaelis (29. September) und vor Weihnachten Inspektionen aller Feuerstätten
der Stadt vornehmen sollen und darauf achten, dass protokollierte Mängel
beseitigt werden.
Öfen und Feuerstätten durften nurmehr an steinerne Mauern
gesetzt werden. Haushalte und Werkstätten, deren Gebäude keine Schornsteine
haben, dürfen auch keine Feuerstätte betreiben.
Jeder Hauswirt hat viermal jährlich den Schornstein reinigen
zu lassen. Die Schornsteinfeger müssen ein Register führen, um die Reinigung
aller Schornsteine der Stadt nachweisen zu können. Wenn sich die Hauswirte
nicht um einen Termin bemühen, soll der Schornsteinfeger gütlich daran
erinnern. Wird dann immer noch keine Reinigung beauftragt, ist der
Schornsteinfeger berechtigt, den Schornstein eigenmächtig zu reinigen und die
Kosten dem Hauswirt in Rechnung zu stellen.
Allen Berufsgruppen, die sich bei ihren Gewerken des Feuers
bedienen, müssen des Nachts zwischen 21:00 Uhr und 02:00 Uhr auf Feuerung
verzichten. Bei Zuwiderhandlung wird ihnen mit dem Entzug ihres Meisterrechts
bzw. Berufsverbot gedroht.
Handwerker, die mit Holz arbeiten, haben besondere Sorgfalt
auf die Entsorgung der Holzspäne zu verwenden und ihre Feuerstätten besonders
zu beaufsichtigen.
Leicht brennbare Stoffe wie Heu, Stroh und Flachs dürfen
nicht auf Dachböden gelagert werden. Ebenso darf Asche nur unten im Haus unter
besonderen Vorsichtsmaßnahmen verwahrt werden.
Offenes Feuer (Kienspäne oder Kerzen) und das Rauchen von
Tabak sind auf Dachböden, in Ställen und anderen gefährlichen Orten verboten.
Auch einquartierte Soldaten unterliegen diesen Verboten und
haben bei Zuwiderhandlung empfindliche Strafen zu erwarten.
In den Städten sind Stroh-, Rohr- und Schindeldächer durch
Ziegeldächer zu ersetzen.
Innerhalb der Stadtgrenzen dürfen Hanf und Flachs nicht
verarbeitet werden. Das hat vor den Stadttoren zu erfolgen.
Ebenso dürfen Scheunen nur außerhalb der Stadt errichtet
werden.
Das Schießen mit einem Gewehr ist innerhalb der Stadt bei
Strafe verboten.
Die Vorräte an Heu, Stroh und Holz innerhalb der Stadt sind
auf das Maß begrenzt, was innerhalb eines Monats verbraucht wird.
Auch diejenigen, die mit Schießpulver hantieren oder
handeln, haben es an einem sicheren Ort zu lagern, dürfen für nicht mehr als
zwei Wochen Vorrat haben und bei Strafe nach Anbruch der Dunkelheit nicht mehr
damit hantieren.
Alle Stadtbrunnen und Wasserleitungen sind regelmäßig auf
ihren guten Zustand zu überprüfen und ständig funktionstüchtig zu halten.
In den Stadtvierteln müssen Plätze benannt werden, zu denen
im Falle eines Brandes schutzbedürftige Personen und Möbel sowie Hausrat
gebracht werden können.
Der Nachtwächter hat bei seiner Runde im Sommer von 22:00
Uhr bis 02:00 Uhr und im Winter von 21:00 Uhr bis 03:00 Uhr besondere Obacht
auf Feuer und Diebe zu haben.
Im Falle eines Brandes ist der Nachtwächter verpflichtet,
sofort Alarm zu geben und alle Einwohner haben sich an den Löscharbeiten zu
beteiligen. Die Arbeiten werden vom regierenden Bürgermeister oder einem
Beauftragten koordiniert. Stadtbedienstete haben die Aufgabe, unverzüglich im
Rathaus für die Sicherung bzw. Rettung von Akten und Dokumenten zu sorgen.
Der Einwohner, bei dem ein Brand entstanden ist, muss
unverzüglich in der wachhabenden Garnison vorsprechen und den Brand anzeigen,
damit der Kommandeur eine Mannschaft zur Aufsicht über die geretteten
Habseligkeiten abstellen kann. Damit sollten Plünderungen vermieden werden.
Kirchenvorsteher haben im Falle eines Brandes dafür Sorge zu
tragen, dass das Feuer nicht auf die Kirche übergreifen kann.
Meister und Gesellen der Maurer, Zimmerleute und Müller
müssen bei einem Brand ausrücken und gefährdete Gebäudeteile abreißen.
Beteiligen sie sich nicht, kann ihnen das Meisterrecht entzogen werden.
Nach dem Löschen eines Brandes hat ein Stadtverordneter
dafür zu sorgen, dass der Brandort von ausreichend Personal bewacht wird, damit
nicht erneut ein Feuer entsteht. Alle anderen Beteiligten müssen in
Bereitschaft verbleiben, bis alle Geräte wieder ordnungsgemäß im Rathaus
verstaut sind. Alle beschädigten Werkzeuge sind im Nachgang zu reparieren.
Wenn jemand bei einem Brand gesundheitliche Schäden
erleidet, dann sind die Zünfte und Innungen gehalten, diesem einen Zuschuss zu
den Arztkosten zu gewähren. Diejenigen, die keiner Zunft oder Innung angehören,
werden aus der Armenkasse bezuschusst.
Der Magistrat der Stadt zahlt nach Vermögen allen
Brandhelfern, die sich besonders aufgeopfert haben, eine Aufwandsentschädigung.
Diese Feuerordnung ist zu drucken und jedem Stadtbewohner
zur Kenntnis zu geben.