Samstag, 14. September 2013

Scrapbook - 14.09.2013

Anfrage eines Lesers:

Eindeutig ist in diesem Jahr nachgewiesen worden, dass die sicherlich erste Salzgewinnung vor 3200 Jahren im Raum von Halle erfolgte.
Sie schreiben dieses auch in " Ihrem Streifzug " und nennen die Solequelle Wittekind. 
Hat man damit einen geologischen Nachweis führen können?


Meine Antwort:

Meines Wissens liegen keine neuen geologischen Gutachten vor, die eine Salzgewinnung um das Jahr 1200 v.u.Z. ganz sicher nachweisen. Jedoch erwähnt schon Hans-Joachim Mrusek im Jahre 1960 in seinem Buch "Halle/ Saale" (VEB E.A. Seemann Verlag Leipzig, S. 17 f.), dass im Bereich Giebichenstein Siedlungsspuren nachzuweisen waren und archäologische Funde eine Salzgewinnung in diesem Raum bestätigen. Er schreibt:

"Erst für die jüngere Bronzezeit etwa um 1200 v.u.Z. machen zahlreiche Bodenfunde einen neuen kräftigen Siedlungsimpuls wahrscheinlich, dessen Stoß aus der südosteuropäischen Richtung kam. Mit den Bewohnern, die sich für Jahrhunderte auf den Höhen um Giebichenstein festsetzten, begann offensichtlich die Salzgewinnung im Tal (Wittekind). Diese verstärkten sich in der frühen Eisenzeit, wie zentnerweise gefundene Tonstützen, die nach neuerer Deutung zum Trocknen des Salzes benutzt wurden, belegen."

Dementsprechend verwirrt war ich auch in diesem Jahr, als diese "neue Erkenntnis" als Sensation gefeiert wurde. Tatsache jedoch ist, dass bei den Bauarbeiten zur Mediathek für die Kunsthochschule Burg Giebichenstein auf dem Gelände des alten Klosters Neuwerk Zeugnisse frühzeitlicher Salzsiederei und offenbar auch eine ganze Anzahl Solequellen gefunden wurden. Inwieweit die Funde bisher ausgewertet wurden, kann ich leider zur Stunde nicht sagen. Meines Wissens haben noch keine Veröffentlichungen stattgefunden, bis auf die Sensationsmeldung in der MZ vom 16.07.2013.

Aus meiner Sicht macht aber auch die weitere historische Entwicklung die frühe Salzgewinnung um Wittekind (also im Bereich Giebichenstein) wahrscheinlich, denn mit Gründung des Erzbistums Magdeburg im Jahre 968 wurde der administrative Schwerpunkt des Erzbistums für das Gebiet um Halle vorrangig auf den Raum Giebichenstein gelegt. Dies ist meines Erachtens unter anderem auf günstige wirtschaftliche Bedingungen zurückzuführen, die möglicherweise sogar den Bau der heute als "Alte Burg" bezeichneten Anlage der Burg Giebichenstein begründet haben. Zu diesen günstigen wirtschaftlichen Bedingungen kann die Salzproduktion und der Salzhandel gehört haben, auch wenn sich später der Produktions- und Handelsschwerpunkt nach Halle verlagert hat. Vielleicht waren die Solebrunnen auf dem Hallmarkt leichter auszubeuten oder produktiver?

Ob damals allerdings schon die Solquelle, die wir heute Wittekind nennen, erschlossen war oder die Salzgewinnung nur in dieser Gegend stattfand, kann ich natürlich nicht mit Sicherheit belegen. Wie die Meldung aus der MZ beschreibt, sind ja nun wohl noch mehrere Quellen entdeckt worden, die in der Hochzeit der Salzgewinnung keine oder nur untergeordnete Bedeutung hatten und in historischen Abhandlungen nicht erwähnt werden.
Ich bin mit der Salzgewinnung (noch) nicht genügend vertraut, um Gründe für die Aufgabe einer Solquelle darlegen zu können. Vielleicht sind Gesteinsschichten ausgewaschen worden, die den Salzgeschmack beeinträchtigt haben oder die Sole war nicht mehr salzhaltig genug, um eine weitere Bewirtschaftung sinnvoll erscheinen zu lassen. Vielleicht haben aber auch Naturereignisse (z.B. Überflutung der Quelle) zur Aufgabe eines Brunnens geführt. - Angesichts der Tatsache, dass Kenntnisse in der damaligen Zeit hauptsächlich mündlich weitergegeben wurden, mag es sein, dass binnen kurzer Zeit eine solche aufgegebene Produktionsstätte in Vergessenheit geraten ist, noch dazu, wenn sie keine besondere Rolle für die Landesfürsten gespielt hat. 

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