Freitag, 30. Mai 2014

30. Mai Ao. 1713

König Friedrich Wilhelms in Preussen Majestät erneuertes und vermehrtes Privilegium für die Anstalten des Waysenhauses und Paedagogii Regii zu Glaucha an Halle.



Die Rede ist von den heutigen Franckeschen Stiftungen.
August Hermann Francke, in Halle tätig als Professor der griechischen und orientalischen Sprachen an der neu gebildeten Universität und in Glaucha als Pastor, gründete im Jahre 1698 sein Waisenhaus, in dem er elternlose Kinder nach seinen pietistischen Anschauungen erziehen wollte. Letztlich entwickelte sich das Waisenhaus zur regelrechten Schulstadt mit verschiedenen eigenen Produktionsstätten.
Das Gebiet, auf dem die Franckeschen Stiftungen stehen, gehörte damals noch nicht zu Halle, sondern lag außerhalb der Stadtmauer in der Amtsstadt Glaucha und unterstand der Verwaltung des Amtes Giebichenstein.

Schon König Friedrich I. von Preußen, damals noch Kurfürst, erteilte am 19. September Ao. 1698 dem Waisenhaus sein Privileg.
König Friedrich Wilhelm I. in Preußen erneuerte kurz nach seinem Regierungsantritt dieses Privileg und fügte noch eigene Anweisungen hinzu.

  • So stellte er das Waisenhaus unter königlichen Schutz und schloss es der im Jahre 1694 gegründeten Friedrichs-Universität (heute Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) an. Diese Zugehörigkeit bedeutete, dass die Universität die Jurisdiktion über das Waisenhaus hatte und gemeinsame Regeln für die Studierenden galten. Direktor sollte jedoch August Hermann Francke bleiben. Er wurde aufgefordert, zu Lebzeiten einen Nachfolger für das Direktorat zu benennen.
  • Da sich das Waisenhaus in der Amtsstadt Glaucha befand, wurde es der Kirche St. Georg in Glaucha unterstellt.
  • Im Waisenhaus darf auch weiterhin ein Buchladen, eine Druckerei und Buchbinderei sowie eine öffentliche Apotheke betrieben werden.
  • Von den eingenommenen Strafgeldern billigt König Friedrich Wilhelm I. dem Waisenhaus 10% als regelmäßige Schenkung zu. Des Weiteren erhält die Stiftung jährlich 1/2 Last (ca. 16,5 hl) Salz aus der königlichen Saline.
  • Bestimmte Waren, die zur Weiterverarbeitung oder zum Gebrauch im Waisenhaus gedacht sind, dürfen zollfrei eingeführt werden.
  • Alle Bedienten und Bewohner des Waisenhauses sind von Steuern und Abgaben befreit.
  • Die Waisenkinder sollen auch ohne Geburtsurkunde in Handwerkszünfte aufgenommen werden.
  • Dem Waisenhaus ist das Back- und Braurecht erteilt. 
  • Für Grundstücke, an denen das Waisenhaus interessiert ist, gilt ein Vorkaufsrecht.
  • Bei der Vergabe von Stipendien wird das Waisenhaus bevorzugt berücksichtigt.
  • Umliegende Wirtshäuser haben zum Schutz der Kinder und Studenten darauf zu achten, dass ihre Gäste keinen Tumult veranstalten. Neue Wirtshäuser in der Umgebung werden nicht gestattet.

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