Sonntag, 29. Juni 2014

29. Juni Ao. 1435

Vertrag oder Sühne-Brieff zwischen Ertzbischoff Günthern und den Städten Magdeburg und Halle.



Wir befinden uns in einer Zeit, in der die Kämpfe zwischen den Städten und dem Erzbischof als Landesherrn ihren Höhepunkt erreichen. Halle, immer noch darauf bedacht, die Unabhängigkeit vom Erzstift zu erlangen und sich als freie Reichsstadt zu behaupten, wehrte sich gegen alle Restriktionen, die der Stadt vom Erzbischof auferlegt wurden. Um die Stadtverteidigung besser organisieren zu können, sah sich die Stadt sogar gezwungen, einen Stadthauptmann in Dienst zu stellen.

Doch im Heiligen Römischen Reich herrschte große Unruhe. Die Hussiten, die Anhänger der reformatorischen Lehre des Jan Hus (am 06. Juli Ao. 1415 in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt), überzogen Böhmen mit Krieg und wurden von kaiserlich-katholischen Truppen bekämpft. Dennoch drangen die Hussiten bis Schlesien und Niederösterreich vor und zogen im Jahre 1429 in der Markgrafschaft Meißen an der Elbe entlang.

Die Stadt Magdeburg fürchtete einen Einfall der Hussiten in ihre Stadt und errichtete deshalb auf einer bis dahin ungeschützten Stelle, der Freiheit des Domkapitels hinter der Möllenvogtei, einen Wachturm, befestigten und besetzten diesen. Weil nun die Mitglieder des Domkapitels am freien Zugang zu ihren Höfen gehindert waren, entstand großer Streit zwischen der Stadt Magdeburg und dem Erzbischof Günther II. (1403 - 1445 im Amt) sowie dem ganzen Domkapitel.
Der Versuch, die Parteien gütlich miteinander zu vergleichen, scheiterte und der Zwist artete in der Folgezeit in einen regelrechten Krieg aus, in dem eine jede Partei ihre Bundesgenossen zu Hilfe rief.
Der Erzbischof schlug Magdeburg in den Bann und ließ die Acht gegen sie verhängen.

Der Konflikt, der sich nun weit ins Erzbistum erstreckte, währte bis zum Jahre 1435, wobei die Städte Magdeburg und Halle im Jahre 1433 ihr Bündnis zu gegenseitigem Beistand erneuerten. Dadurch wurde auch Halle wieder in die Kampfhandlungen einbezogen und von Erzbischof Günther II. mit dem Bann belegt. Er verbündete sich mit dem Kurfürsten Friedrich II. von Sachsen und überließ diesem die Burg Giebichenstein wiederkäuflich gegen Zahlung von 31.000 Gulden.

Der Kurfürst forderte von der Stadt Halle Gehorsam. Weil die Hallischen aber den Kurfürsten nicht als ihren Herren anerkennen wollten (ihr Landesherr, der Erzbischof Günther II., war ja noch am Leben), zog Friedrich II. im April 1435 mit 12.000 Mann vor die Stadt und belagerte sie. Der Kurfürst ließ von seinen Truppen Schanzen errichten und beschoss die Stadt heftig. Doch die Hallenser wehrten sich tapfer und fügten den Truppen des Kurfürsten einigen Schaden zu, obwohl ihre Bundesgenossen ausblieben. Letztlich fürchtete Kurfürst Friedrich II. von Sachsen, dass seine Lande von den Verbündeten der Stadt in seiner Abwesenheit angegriffen werden könnten und hob die Belagerung auf.

Nachdem erneute Kampfhandlungen um die Stadt Egeln (Salzlandkreis, Sachsen-Anhalt) mit einer Niederlage hallischer Edelleute endeten, forderten die Fürsten von Sachsen, Thüringen und Hessen die Stadt Halle auf, sich endlich mit dem Erzbischof zu vertragen.

Bischof Johannes zu Merseburg, Fürst Bernhard zu Anhalt und Statius Felthauer, der Bürgermeister zu Braunschweig, erklärten sich als Schiedsleute bereit, den Streit zu schlichten, setzten sich im Kloster zum Neuen Werk an einen Tisch und erarbeiteten einen Vergleich zwischen Erzbischof Günther II. und den Städten Magdeburg und Halle, der am 04. Mai Ao. 1435 in Kraft trat.
Hierin wurde festgelegt, dass die Stadt Magdeburg den Burgfried in der Domfreiheit behalten darf, aber den ungehinderten Ein- und Ausgang zu den Behausungen zu gewährleisten hat.
Alle an den Streitigkeiten beteiligten Städte sollen bei ihren Freiheiten, Rechten und Privilegien belassen werden.
Die Städte geben die während des Krieges eroberten Güter wieder an den Erzbischof zurück und werden dafür aus Acht und Bann gelöst. Die Braunschweiger Bürger sind bereit, für die Absolution der Städte Magdeburg und Halle 4.000 Rheinische Gulden beizusteuern.
Sollten die Städte nicht aus der Acht zu bringen sein, geben sie trotzdem die Güter zurück und erhalten als Gegenleistung die 4.000 Rheinischen Gulden.
Der Erzbischof verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass die Toten, die während des Bannes bestattet worden sind, im Nachhinein noch ihre Weihe erhalten.
Künftig sollen alle Kriege, Fehden, Unwillen und Schaden zwischen dem Erzbischof, der Stadt Magdeburg und der Stadt Halle unterbleiben.

Dieser Vertrag ist von allen Parteien bestätigt und unterschrieben und am 29. Juni Ao. 1435 von den Schiedsleuten endgültig verabschiedet worden.

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