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Sonntag, 24. August 2014

24. August Ao. 1541

Ordnung und Leges des uhralten Schöppenstuhls uff dem Berge vor dem Rolande zue Hall.



Der Schöppenstuhl ist ein Kollegium, das zu den jeweils streitigen Rechtsfällen Beratung erteilt und ein Urteil abfasst. Auftraggeber für den Schöppenstuhl sind die Gerichte, die die entsprechenden Akten mit der Bitte um Urteilsfindung übergeben.

Die Mitglieder dieses Kollegiums heißen Schöppen (heute Schöffen). Für den Ursprung dieser Bezeichnung gibt es unterschiedliche Erklärungen. Johann Christoph von Dreyhaupt hält es für wahrscheinlich, dass sich der Name aus dem alten deutschen Wort "scepeno" herleitet, welches "Richter" bedeutete.

Die Schöppen dienten den eigentlichen Richtern, ob nun Graf, Burggraf oder Schultheiß, als Beisitzer und Ratgeber. So ist es in Halle schon im 13. Jh. üblich gewesen, dass ohne Schöppen kein peinlicher Prozess entschieden oder unbewegliches Gut auf einen anderen Besitzer übertragen werden durfte. Dies geht aus Gerichtsbüchern des Jahres 1266 hervor.

Bis zum 15. Jh. durften nur Adlige zu Schöppen ernannt werden, denn nur sie galten wegen ihrer Bildung als schöppenbare Männer. Erst als in Deutschland das Römische Recht übernommen wurde und Rechtsgelehrte an Universitäten ausgebildet wurden, änderte sich diese Tradition und fortan übertrug man das Amt eines Schöppen nur noch an Rechtsgelehrte.

Bereits im Jahre 1541 hatte sich der Schöppenstuhl in Halle eine eigene Ordnung gegeben.
In dieser Schöppenordnung ist festgelegt, dass
  1. ehrliche Christen, die auch rechtskundig sind, zu Schöppen erwählt werden. Es sollen 6 Schöppen sein und sie müssen begüterte Bürger der Stadt Halle sein.
  2. die gewählten Schöppen öffentlich vor dem Roland ihren Amtseid leisten müssen.
  3. die Schöppen ihr Amt gewissenhaft und sorgfältig wahrnehmen und wann immer erforderlich, zu Gericht sitzen sollen. Sie sollen nach bestem Wissen und Gewissen urteilen.
  4. die Schöppen, wenn sie verreisen müssen, rechtzeitig ihre Abwesenheit ankündigen sollen, damit das Gericht die Termine darauf ausrichten kann. Sie sollen pünktlich wieder in der Stadt sein, damit sie an den angesetzten Gerichtstagen teilnehmen können.
  5. es keine feste Bezahlung für die Schöppen gibt, sondern das Urteilsgeld und andere Abgaben an das Gericht auf alle Schöppen aufgeteilt werden.
  6. deshalb einer der Schöppen zum Kämmerer ernannt wird. Er soll die fälligen Abgaben und Urteilsgelder einnehmen, sorgfältig registrieren und den Schöppen Rechenschaft ablegen. In jedem Quartal wird den Schöppen ihr Anteil gegen Quittung ausgezahlt.
  7. ein Schöppe, der dieser Ordnung zuwider handelt oder ohne Grund länger als einen Monat abwesend ist, seines Anteils für den betreffenden Monat verlustig geht.
  8. die Schöppen auch Testamentsvollstrecker sind. Deshalb soll der Kämmerer des Schöppenstuhls die Vermächtnisse einfordern und, wie im jeweiligen Testament verfügt, an die Erben geben oder aber nach mehrheitlichem Beschluss der Schöppen zu milden Sachen verwenden. Die Einnahmen und Ausgaben sind jährlich zu berechnen.
  9. ein Gerichtsschreiber zu beschäftigen sei. Er muss mehrheitlich von den Schöppen anerkannt sein und dann zu den Urteilen und Sitzungen vereidigt werden. Wenn er Urteile an Boten ausgibt und das Urteilsgeld erhält, hat er es treulich an den Kämmerer abzuliefern. Neben dem Schreibgeld, dass er für Auftragsarbeiten erhält, stehen ihm je bürgerlichem Urteil 1 Groschen und je peinlichem Urteil 2 Groschen Urteilsgeld zu.
  10. auch ein Schöppendiener zu halten ist. Dieser soll im Schöppenhaus wohnen, sich um allgemeine Anfragen kümmern, den Boten aufwarten, die auf Urteile warten und das Schöppenhaus sauber halten. Außerdem soll er von den Boten das Urteilsgeld in Empfang nehmen, wie es auf dem Urteil vermerkt ist. Das Geld hat er alsbald dem Kämmerer auszuhändigen.
  11. der Schöppenstuhl für das Begräbnis eines verstorbenen Mitglieds sorgt. Schöppen, Schöppenschreiber und Schöppendiener bekommen in solchem Fall Trauerbinden. Die Familie des Verstorbenen erhält noch für ein halbes Jahr seinen Anteil am Urteilsgeld und am Schöppenbrot.
  12. der Schöppenstuhl dreimal im Jahr ein gemeinsames Essen im Gasthof Frosch halten soll, damit die Schöppen einander besser kennenlernen.

Diese Schöppenordnung wurde am 12. Juni Ao. 1584 von Administrator Joachim Friedrich durch eine Verordnung ergänzt.

Montag, 5. Mai 2014

05. Mai Ao. 1747

Peinliches Halsgericht über Annen Margarethen Böserin.





Das Standbild des Rolands gilt seit Alters her als das anerkannte Symbol für die städtische Freiheit, also das Marktrecht und die Gerichtsbarkeit. Rolandsfiguren finden sich hauptsächlich in vielen nord- und ostdeutschen Städten, seltener in anderen Teilen Europas.

Der hallische Roland ist im Unterschied zu seinen deutschen "Artgenossen" nicht uniformiert und wurde, aus Holz gefertigt, schätzungsweise um 1245 erstmals bei einem Hügel neben dem Rathaus auf dem Marktplatz aufgestellt.

Am Roland wurde Gericht gehalten. Deshalb nannte sich das hallische Schultheißen-Gericht auch das "Gericht auf dem Berge vor dem Rolande" – also das Berggericht.

Der Roland wechselte mehrfach seinen Standort und steht nun, im Jahre 1747, vor dem Schöppenhaus an der Südwestecke des Marktplatzes.

Hier wird am 05. Mai Ao. 1747 Gericht gehalten über Anna Margarethe Böser, die sich des zweifachen Kindsmordes schuldig gemacht hatte.

Der Schultheiß und Königlich Preußische Geheimrat Johann Christoph von Dreyhaupt begibt sich morgens um 08:00 Uhr gemeinsam mit den Schöppen, dem Gerichtsdiener und dem Gerichtsschreiber vor den Roland. Dort ist ein hölzernes Gerüst als Bühne errichtet, mit nochmals erhöhten Sitzen für die Mitglieder des Schultheißen-Gerichts.

Schultheiß Dreyhaupt eröffnet die Gerichtssitzung und fordert die Umstehenden auf, ihre Angelegenheiten vorzubringen.
Der Blutschreier Schneider tritt vor und bittet ums Wort. Ein Blutschreier war ein Gerichtsdiener, der vor dem Blutgericht gegen den Täter das Zetergeschrei erhob und Sühne für die Tat forderte. Mittlerweile war das Zetergeschrei abgeschafft worden und der Blutschreier fungierte als Ansager für die Anklage.

Dieser Blutschreier nun erklärt, dass Anna Margarethe Böser des begangenen Kindsmordes angeklagt wird und deshalb ihr Leben verwirkt habe. Sie solle vor das Gericht zitiert werden.

Die Beschuldigte wird in Begleitung von Predigern auf das Gerüst geführt und der Ankläger des Rates, Anwalt Johann Christoph Gerstenbeil tritt hervor und führt die Anklage aus:

Anna Margarethe Böser hatte im vergangenen Jahr 1746 einige Tage vor Ostern unehelichen Verkehr mit dem Soldaten Meye und wurde schwanger. Nach Michaelis, also Ende September, bemerkte sie ihren Umstand und verheimlichte ihre Schwangerschaft. In der Neujahrsnacht 1747 suchte sie gegen Morgen bei einer Bekannten Zuflucht, die diese ihr auch im Keller ihres Hauses gewährte. Dort brachte die Angeklagte zwei Kinder zur Welt und erwürgte sie gleich nach deren Geburt.
Nach der peinlichen Halsgerichts-Ordnung und Magdeburgischen Landesgesetzen habe sie nun Leib und Leben verwirkt. Deshalb fordert der Ankläger von der Beschuldigten nochmals ein öffentliches Geständnis und vom Gericht den Schuldspruch und die Verurteilung zum Tod durch das Schwert.

Daraufhin befragt Schultheiß Dreyhaupt die Angeklagte und hört ein volles Geständnis. Er fordert die Schöppen auf, sich über das Urteil zu beraten.

Die Schöppen folgen der Empfehlung des Anklägers und verurteilen Anna Margarethe Böser wegen zweifachen Kindsmordes zum Tod durch das Schwert.

Der Schultheiß gibt das Urteil bekannt und übergibt die Verurteilte dem Nachrichter, also in diesem Fall dem Scharfrichter.

Der führt die Verurteilte mit seinen Mannen zum Rabenstein vor das Obere Galgtor und exekutiert das Urteil mit zwei Schlägen.

Inzwischen fragt Schultheiß Dreyhaupt die umstehende Menge, ob noch jemand einen Fall vor Gericht zu bringen hat. Nachdem er keine Antwort erhält, hebt er den Gerichtstag auf und verlässt mit den Schöppen das Halsgericht.

-- Ist Euch aufgefallen, dass die Angeklagte keinen Verteidiger hatte?

Donnerstag, 13. Februar 2014

13. Februar Ao. 1555

Ertzbischoff Sigismundi Reformation, oder Mandat den Proceß betreffend.



Zur damaligen Zeit hatte fast jeder Ort seine eigene Willkür, seine eigene Gesetzgebung. Das führte unter anderem dazu, dass Rechtsgelehrte sich diese Verwirrungen zunutze machten und die Prozesskosten durch etliche Tricks und Kniffe in die Höhe zu treiben suchten, meist durch Verschleppung der Verfahren.

Auch in Halle war der Vorwurf erhoben worden, dass anhängige Rechtssachen zu lange dauerten und es die Beteiligten viel Geld und Aufwand koste, ihre Rechtsgeschäfte abzuwickeln. Insbesondere galt dieser Vorwurf dem Gericht "auf dem Berge vor dem Rolande" - also dem sogenannten Berggericht in Halle.
(Vor dem Gebäude der Ratswaage befand sich ein kleiner Hügel, an dem das Standbild des hallischen Roland ursprünglich aufgestellt war. Dort wurde lange Zeit Gericht gehalten und der Name Berggericht prägte sich ein und galt auch dann noch, als der Roland an den Roten Turm versetzt worden war und man nunmehr dort zu  Gericht saß.)

Um diesem misslichen Umstand abzuhelfen, erließ Erzbischof Sigismund die erste Prozessordnung im Erzstift Magdeburg für die Stadt Halle. Das Gericht verhandelte üblicherweise alle 14 Tage. Jeder Kläger, dessen Sache nicht im Zeitraum von 14 Tagen behandelt wurde, sollte sich nun schriftlich an den Schultheiß wenden.
In dieser Prozessordnung war geregelt, dass nicht mehr als drei Schriftsätze zu einer Rechtssache entwickelt werden und im letzten Schreiben des Beklagten keine neuen Sachverhalte vorgebracht werden durften. Auch die Ordnung von Widerspruch und Berufung waren in dieser Verordnung geregelt.
Letztlich ist auch die Anrufung des erzbischöflichen Gerichts zum Zwecke der Berufung aufgeführt. Erzbischof Sigismund verweist hier auf den Hofbrauch, verwahrt sich aber gleichzeitig gegen Versuche, durch ungerechtfertigte Appellation die Rechtskraft der Urteile zu verzögern und droht diesbezüglich Ablehnung der Klagen an.

Leider entfaltete diese Prozessordnung nicht die erwünschte Wirkung und setzte sich auch nicht über die Stadtgrenzen hinaus durch.

Donnerstag, 2. Januar 2014

02. Januar Ao. 1565

Ertzbischoff Sigismundi Privilegium, denen Schöppen zu Halle ertheilet, daß sie aller bürgerlichen Aemter im Rathstuhl und Thal befreyet seyn sollen.



Erzbischof Sigismund (der letzte vom Papst bestätigte Erzbischof von Magdeburg) erneuert mit seinem Brief das Privileg für die Mitglieder des Schöppenstuhls zu Halle, von anderen bürgerlichen Ämtern verschont zu bleiben, damit sie sich ganz ihren Pflichten als Schöffen widmen können.

Außerdem waren die Schöppen seit altersher von der Bürgerwache befreit und brauchten auch das Wächter- und Grabengeld nicht zahlen.
Während der Bauernaufstände 1524 und 1525 hatte sich jedoch Streit mit dem Rat der Stadt ergeben, weil auch die Schöppen aufgefordert worden waren, auf den Stadttoren und der Stadtmauer Wache zu stehen. So erklärt sich die Bedeutung dieser Befreiung von bürgerlichen Ämtern.

Der Schöppenstuhl war ein Kollegium aus Adligen (später Rechtsgelehrten), welches für Rechtsberatung zuständig war und Urteile über Rechtsfälle und Streitfragen fällte.
Das Wort "Schöppe" bzw. Schöffe rührt vermutlich von dem alten deutschen Wort "scepeno" her, welches "Richter" bedeutete. Es sind durchaus auch andere Ableitungen zu finden, die aber in dieselbe Bedeutung münden.
Ohne Schöppen als Beisitzer durfte kein Prozess geführt werden. Auch Besitzerwechsel für Ländereien oder andere Immobilien durften ohne Schöppen nicht vollzogen werden.

Bis ins 15. Jh. wurden nur Adlige zu Schöppen ernannt, weil sie die Einzigen waren, die entsprechende Bildung in Klosterschulen genossen hatten und des deutschen Rechts mächtig waren. Als dann Universitäten entstanden und römisches Recht lehrten und sich das römische Recht in Deutschland durchsetzte, durften nur noch Rechtsgelehrte zu Schöppen bestellt werden.

Der Schöppenstuhl in Halle bestand nachweislich seit 1266 aus 11 Personen, seit Anfang des 16. Jh. aus 8 Personen und wurde auf königlichen Befehl im Jahre 1749 auf 6 Personen festgelegt.

Der Schöppenstuhl trat zweimal in der Woche, dienstags und freitags um 14:00 Uhr im Schöppenhaus am Markt, an der Ecke des Trödels, zusammen und beriet die vorhandenen Rechtsfragen. Durch Abstimmung wurden die Urteile erzielt und von den Referenten später schriftlich ausgearbeitet.

Bis zum Jahre 1584 unterschrieben die Schöppen zu Halle mit "Schöppen des Gerichts auf dem Berge vor dem Rolande zu Halle". - Diese Bezeichnung rührte daher, dass sich vor der Ratswaage auf dem Markt ein kleiner Hügel (oder Berg) befand, auf dem der Roland als Zeichen der städtischen Gerichtsbarkeit stand. Dort wurden die Prozesse abgehalten, bis der Roland an den Roten Turm versetzt wurde.
Aus diesem Umstand leitet sich auch der Begriff "Berggericht" für die bürgerliche Gerichtsbarkeit ab, der das Thalgericht als Gerichtsbarkeit der Halloren gegenüberstand.

Die Schöppen bekamen kein festes Gehalt, sondern wurden aus den Gebühren (Sporteln) entlohnt, die von den Bürgern für gerichtliche und Amtshandlungen zu leisten waren. Die Einnahmen eines Monats wurden zu gleichen Teilen an die Schöppen ausgezahlt. Der Vorsitzende der Schöppen erhielt außerdem für jedes Urteil einen sogenannten Siegel-Groschen.